Eine bemerkenswerte Frau
Während Germanicus noch in Germanien war, verbreitete sich das - wie gewöhnlich übertriebene - Gerücht, das Heer sei umzingelt worden; die meisten Soldaten, so hieß es, seien erschlagen und wenige übrig: Es sah also danach aus, als hätte man eine Niederlage, schwerer als die von Cannae, erlitten. Schon fürchteten die Menschen in größter Bestürzung, die Germanen wurden in hellen Haufen auf Gallien losmarschieren, schon versuchten sie, die Rheinbrücke abzubrechen. Und tatsächlich wäre die Brücke zerstört worden, wenn nicht Agrippina, die Frau des Germanicus, die verhängnisvollste Tat verhindert hätte. Denn diese Frau, die tapferer war als die meisten Männer, erfüllte während dieser Tage die Aufgaben eines Feldherrn aufs Beste: Sie ermutigte die Verstörten, sorgte für die Bedürftigen durch Geldspenden und verteilte unter die Soldaten, wenn einer mittellos war oder verwundet war, Kleidung und Verbandzeug. C . Plinitis der Ältere, der Historiker der Germanenkriege, berichtet, sie habe an der Brücke gestanden und habe den heimkehrenden Legionen gedankt. Dass Tiberius dies übel nahm, ist hinreichend bekannt. Denn da er stets lieber das Schlechtere als das Bessere annahm und vor dem Geringfügigsten Angst hatte, vermutete er, Agrippina wolle sich auf diese Weise die Zuneigung der Soldaten gewinnen und könne es auch ganz leicht. Er erinnerte sich auch, dass von ihr eine Meuterei niedergeschlagen worden sei, und ärgerte sich darüber, dass sie ihren Sohn im Lager herumtrug und darauf Wert legte, dass man ihn Caesar Caligula nannte. Daher drang Tiberius, der Germanicus schon in zahlreichen Briefen ermahnt hatte, nicht mehr Zeit zu verlieren und die Gelegenheit zur Feier eines Triumphs nicht verstreichen zu lassen schließlich energischer darauf, dass er nach Rom zurückkehrte. Auch Germanicus, der schon dabei war, neue Feldrege zu planen, verlängerte seinen Aufenthalt in Germanien nicht, obwohl er einsah, dass er aus Gehässigkeit nach Italien zurückbeordert wurde.
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